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Blog

03.04.2025

Wie geht Transformation?

Ein Aufruf

Wie kann es gelingen, das Bestandsgebäude der Alten WU weiterhin zu nutzen und einen großflächigen Abbruch zu verhindern? Wie sieht ein Architekturwettbewerb aus, der das zum Ziel hat? Kann ein klassischer Wettbewerb der Komplexität der Aufgabe überhaupt gerecht werden? 

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Braucht es ein neues Format? Ein transdisziplinäres Format? Ein Format, das offen ist für Veränderungen über die Zeit? Ein Format, das die aktuellen Nutzer:innen einbezieht? Ein Format, das immer wieder evaluiert und neu bewertet, anstatt ein vorgegebenes Raumprogramm 1:1 umzusetzen, welches womöglich schon bei der Fertigstellung nicht mehr dem aktuellen Bedarf entspricht? Brauchen wir ein experimentelles Format, das offen ist für verschiedene Lösungen?

In den nächsten Wochen diskutiert die ALLIANZ ALTE WU diese und weitere Fragen, denn die Ausschreibung des Wettbewerbs zur Neugestaltung des Areals steht kurz bevor.

Wir rufen alle Entscheidungsträger:innen und Projektverantwortliche in Architektur, Baubranche und Politik sowie die künftigen Nutzer:innen dazu auf, selbst zum transformativen Wandel beizutragen. Dazu brauchen wir ein kollektives Handeln aller Beteiligten auf allen Ebenen! Übernehmen Sie jetzt Verantwortung. Fordern und fördern Sie in Ihrem Wirkungsbereich eine systemische Neuausrichtung!

Text: Architects 4 Future Austria

28.03.2025

Warum Bauen mit dem Bestand ökonomisch sinnvoll ist

Der Unicampus Althangrund und die Bundesverfassung

Der von der Bundesimmobiliengesellschaft BIG geplante Unicampus Althangrund soll mindestens 1 Mrd. Euro kosten. Eine Menge Geld, um Gebäude, die bis 2013 bzw. 2021 noch als Standorte für Wirtschaftsuniversität und Biologie der Uni Wien dienten, nach nur 43 Jahren Nutzungszeit größtenteils abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen. Wurde hier der effizienteste Weg, um das Ziel eines Universitätsstandortes zu verwirklichen, gewählt? 

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Nachdem der Unicampus Althangrund vom Bildungsministerium finanziert werden soll, ist Effizienz ein verfassungsrechtlich festgeschriebenes Kriterium bei der Unterbringung solch eines Projekts im Bundesbudget. Auf der Webseite des Bundesministeriums für Finanzen heißt es dazu wörtlich: 

„Im Sinne von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit soll der günstigste Weg zur Erreichung der gesetzten Ziele gewählt werden, wobei sich die Zweckmäßigkeit aus der Abwägung von Handlungsvarianten im Rahmen der Wirkungsorientierung ergibt.“

Zieht man die öffentlich kommunizierten geschätzten Kosten von mindestens 1 Mrd. Euro in Betracht, darf in Frage gestellt werden, ob abseits der ökologischen Kosten eines Abrisses und Neubaus solchen Ausmaßes, die budgetären Implikationen dieses Megabauprojekts sorgfältig gegenüber jenen einer Transformation des Bestands abgewogen wurden.

Wenn wir uns dem Beispiel des Toni Areals in Zürich zuwenden, sehen wir, wie effizient eine solche Transformation sein kann. Die Parallelen zur Alten WU sind erstaunlich, wobei man argumentieren könnte, dass das Toni Areal als ehemaliger Molkereibetrieb zusätzliche Hürden für die weitere Nutzung als Bildungsstandort mit sich brachte. 2005 wurde der ehemalige Industriestandort kulturell zwischengenutzt, wie wir das auch vom Kulturzentrum Althangrund kennen. Nach einer Studie zur Machbarkeit der Unterbringung der Züricher Hochschulen der Künste, für Soziale Arbeit und Angewandte Psychologie, folgte eine Transformation des Bestands. Gemeinsam mit Gastronomiebetrieben und einem Museum nutzen diese Institutionen mittlerweile den transformierten Bestand. Die Kosten beliefen sich dabei auf ca. 550 Mio. Franken (aktuell ca. 576,4 Mio. Euro). Dabei ist zu beachten, dass auch 100 Wohnungen geschaffen wurden. Die Nutzfläche des heutigen Toni-Areals beträgt 108.000m². Das von WU und Uni Wien genutzte Areal war einmal deutlich größer, doch nach dem Verkauf des UZA 4 (ehemalige Bürogebäude neben dem Geologiezentrum des UZA 2) an einen Immobilienentwickler im Jahr 2015 sind die Nutzflächen vergleichbar. Das UZA 1 hat jetzt ca. 120.000m² und die BIG strebt für die künftige Nutzung wohl 150.000m² an. Finanziell gesehen ist Bauen mit dem Bestand also vorteilhaft. Von mindestens einer Milliarde Euro war man in Zürich schließlich weit entfernt. 

Ein Bild, das draußen, Gebäude, Himmel, Zug enthält.

Automatisch generierte Beschreibung
Toni-Areal von der Förrlibuckstraße. Foto: Betty Fleck © ZHdK

Man muss aber nicht in die Schweiz blicken, um erfolgreiche Transformationen großer Gebäude zu finden. Bei einem beachtlichen Teil der unter anderem von Kurt Hlawenicka entworfenen Gebäudekomplexe am Althangrund ist dies bereits geschehen. Die Gebäude auf der Überplattung des Franz Josef Bahnhofs, die früher unter anderem als Bürofläche für die Bank Austria dienten, wurden im Rahmen des Projekts “Francis” transformiert. Die Verantwortlichen heben den auch von der Allianz Alte WU priorisierten Aspekt der Einsparung von klimaschädlichen Treibhausgasen hervor. Das Bauen mit dem Bestand verursachte 67% weniger CO2-Emissionen als ein Abriss und Neubau. Weniger Aufwand beim Beseitigen bestehender Strukturen, ein geringerer Einsatz von Baumaterial, usw. spiegelt sich auch bei den Kosten wider. Es scheint naheliegend, dass auch dieser Aspekt bei der Entscheidung für eine Transformation des Bestands eine Rolle gespielt hat. Durch die höhere Effizienz von Gebäudetransformationen dient das privatwirtschaftliche Interesse an Kostenminimierung auch dem Klimaschutz. In den Hintergrund könnte dies geraten, wenn die Kosten auf Millionen von Steuerzahlern verteilt sind. Es liegt folglich in der Verantwortung von im Staatssektor beschäftigten Entscheidungsträgern, Bauprojekte möglichst effizient zu gestalten. Das müsste bereits bei der Gestaltung eines Raumprogramms berücksichtigt werden. Hätten die Verantwortlichen des Projekts Francis neben Büros, Co-Working Spaces, Gastronomie, einem Supermarkt und einigen weiteren Nutzungen noch die Unterbringung von zwei Schulen geplant, wäre wohl auch ihnen ein Abriss unausweichlich erschienen. Jedoch sind sie pragmatisch und ressourcenschonend vorgegangen. 

Die BIG rechtfertigt den geplanten großflächigen Abriss unter anderem mit mangelndem natürlichen Lichteinfall. Eine Modellierung der Baumassen und indirekte Lichtlenksysteme könnten dieses Problem ohne Abriss lösen. Zum Gegenargument, dass dies Einbußen bei der Nutzfläche bedeuten würde, sei mit einem Augenzwinkern auf den Verkauf des UZA 4 verwiesen. Das Areal für Bildung zu nutzen, stand schon länger fest. Die Weitsicht, dass das UZA 4 bei der Erfüllung eines ambitionierten Raumprogramms einen wertvollen Beitrag leisten würde, scheint den Verantwortlichen leider gefehlt zu haben. 

Weiters wird die hochsensible Laborausrüstung der BOKU als Grund für den Abriss des auf der Überplattung der Franz Josef Bahn liegenden Campus herangezogen. Peter Bauer, Vizepräsident der Ingenieurs- und Architektenkammer, entgegnete beim Symposium Alte WU an der TU Wien, dass auch ein partieller Abriss, der einen Neubau in notwendigem Ausmaß für die Labore ermöglicht, denkbar wäre. Dieser stünde dann auf einem eigenen Fundament, wodurch eine Labornutzung im besagten Bereich ermöglicht würde. Es liegt nahe, dass diese Lösung effizienter wäre, als das gesamte Biozentrum abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Die Scheu, solche Probleme im Bestand zu lösen, könnte für die Steuerzahler teuer werden. 

Befürworter des Abrisses könnten entgegnen, dass durch das geplante Projekt wenigstens Bundesmittel in die Forschung gesteckt würden. Man könnte das geplante Projekt aber auch als Bindung von Ressourcen sehen, die dann nicht in tatsächliche Forschung (Personal, konkrete Finanzierung von Forschungsprojekten, auch Beheizen der Räumlichkeiten muss nach den Erfahrungen des Winters 2022/23 an Österreichs Unis genannt werden) investiert werden können. So wie die graue Energie in den Wänden der Alten WU wäre dann ein beachtlicher Teil des Budgets des Bildungsministeriums im geplanten Neubau gebunden. 

Der Abriss der Alten WU wurde im März 2024 bekanntgegeben. Damals war in den Medien noch mehr von der Flaute in der Baubranche als vom Loch im Bundesbudget zu hören. Da dieses längst zum bestimmenden Thema der österreichischen Innenpolitik geworden ist, wäre es an der Zeit, neben einem Megaprojekt für die Baubranche auch die Rolle des geplanten Neubaus als Belastung für das Bundesbudget zu betrachten. Der Staat hat zwischen 1978 und 1983 viel Geld für die Errichtung des Universitätszentrums Althangrund in die Hand genommen. In unserer aktuellen budgetären Situation wäre es empfehlenswert, wertschätzend mit diesen Vermögensgegenständen umzugehen. Die Kosten einer veralteten Abriss-Neubau-Strategie tragen jedenfalls die Steuerzahler. Das Gebot der Stunde lautet daher Transformation statt Abriss!

ein Kommentar von Nicolas Etemad

Weiterführende Links: 

https://www.bmf.gv.at/themen/budget/haushaltswesen/haushaltsrecht.html
https://www.zhdk.ch/medienstelle/toni-areal-2086
https://www.swiss-arc.ch/de/projekt/toni-areal/13187974?utm_source=chatgpt.com
https://www.baunetzwissen.de/licht/fachwissen/tageslichtsysteme/tageslichtleitung-167232
https://francis.at/de/projekt

28.01.2025

Rückblick

Die Allianz alte WU formiert sich

Im März 2024 wird die Öffentlichkeit durch die Pressekonferenz von Stadt Wien und Bundesimmobiliengesellschaft BIG über den „neuen topmodernen Bildungscampus“ am Althangrund im 9. Bezirk in Wien informiert. Österreichs größter Bildungsstandort mit Unis und Schule soll hier für eine Milliarde Euro entstehen und ein Leuchtturmprojekt für klimafreundliches Bauen werden.

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Beworben wird das Vorhaben mit den Themen „Kreislaufwirtschaft“ und „Re-Use“ und dem „Erhalt von 40% der Tragstruktur.“ Wenngleich das Wort „Abriss“ nach Möglichkeit vermieden wird, ist klar, dass vom gesamten Gebäudekomplex aus den späten 70ern womöglich nur die tragenden Betonplatte über den Gleisen der ÖBB und die Bohrpfähle übrig bleiben könnten.

Mit dem Rückbau der „Alten WU“ würde Wien nicht nur ein Stück Architekturgeschichte verlieren, sondern auch einen Ort, an dem viele Gemeinschaften und Institutionen gemeinsamen, leistbaren Raum gefunden haben.

In mehreren (Architektur-)Netzwerken setzt sich eine kritische Diskussion in Gang. Abriss und Neubau, wo die Nutzung Bildung schon vorhanden ist? Kann das ein zukunftsfähiges Entwicklungskonzept sein? Sehr schnell sind wir uns einig: Der angekündigte, großflächige Rückbau muss verhindert werden. Eine beispielhafte sozial gerechte und ökologische Transformation muss stattdessen gefordert werden. Die ALLIANZ ALTE WU war gegründet.